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Hauptausschuss 2024
Heft März 2013
Rechtmäßigkeit der Bettensteuer in Köln
Die Kölner Satzung über die Erhebung einer Kulturförderabgabe (sog. Bettensteuer) ist unwirksam (nichtamtlicher Leitsatz).
OVG NRW, Urteil vom 23. Januar 2013
- Az.: 14 A 1860/11 -
Ein Kölner Hotelier hatte gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln Berufung eingelegt, das der Stadt mit ihrer als Kulturförderabgabe einbehaltenen Bettensteuer zugestimmt hatte. Das OVG hat der Berufung des Hoteliers stattgegeben. Die wesentliche Begründung für die Entscheidung ist, dass berufsbedingte und private Reisen nicht gleichbehandelt werden dürfen. Dienstreisen müssen wegen des Charakters der Steuer als örtliche Aufwandsteuer steuerfrei bleiben. Dabei habe der Hotelier zu prüfen, welche Übernachtung dienstliche oder touristische Gründe hat. Dies sei aber nach Einschätzung des Gerichts nicht umsetzbar. Das OVG hat die Revision nicht zugelassen.
Bereits im November hatte der 14. Senat des OVG Münster der Stadt Köln mitgeteilt, dass es sich der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts anschließt. Dieses hatte im Juli 2012 zu den Plänen der rheinland-pfälzischen Städte Bingen und Trier entschieden, dass die Kommunen keine pauschale Bettensteuer auf Hotelübernachtungen aller Art erheben dürfen. Es müsse zwischen privaten und berufsbedingten Übernachtungen unterschieden werden. Von Touristen dürfe die Abgabe als sog. Aufwandsteuer verlangt werden, von Geschäftsreisenden dagegen nicht.
Die Stadt Köln will an der seit 2010 erhobenen Bettensteuer festhalten. Im Dezember 2012 hatte der Rat der Stadt die Satzung in Bezug auf die Hinweise des OVG Münster geändert. Seit Januar werden nur noch touristische Übernachtungen der Besteuerung unterzogen. Ursprünglich hatte die Kämmerin für 2012 mit jährlichen Einnahmen von 16 Mio. Euro gerechnet. Mit der neuen Satzung sind es dann nur noch 6,4 bis 11,2 Mio. Euro. Es ist davon auszugehen, dass auch die neue Satzung einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen wird.
Belastung durch die Kreisumlage
Eine Kreisumlage, die der Landkreis von seinen kreisangehörigen Gemeinden erhebt, darf nicht dazu führen, dass den Gemeinden keine finanzielle Mindestausstattung zur Wahrnehmung ihrer Pflichtaufgaben sowie von freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben mehr bleibt. Die Grenze des verfassungsrechtlich äußerst Hinnehmbaren ist erst dann überschritten, wenn die Gemeinde nicht nur vorübergehend in einem Haushaltsjahr, sondern strukturell unterfinanziert ist (nichtamtliche Leitsätze).
BVerwG, Urteil vom 1. Februar 2013
- Az.: 8 C 1.12 -
Geklagt hatte eine kleine kreisangehörige Ortsgemeinde in Rheinland-Pfalz. Diese wurde für das Jahr 2009 vom beklagten Landkreis zu einer Kreisumlage herangezogen, die bei Gemeinden mit überdurchschnittlicher Steuerkraft einen progressiven Anteil enthält. Dagegen hat die Gemeinde geklagt, weil die Progression der Umlageerhebung im Zusammenwirken mit anderen Umlagen (Verbandsgemeindeumlage, Finanzausgleichsumlage, Gewerbesteuerumlage) dazu führe, dass ihr Ist-Aufkommen an Steuern und Zuweisungen zu mehr als 100 % (genau: zu 108,2 %) abgeschöpft werde. Sie müsse deshalb allein zur Finanzierung ihrer Umlageverpflichtung Kassenkredite aufnehmen; zur Wahrnehmung freiwilliger Aufgaben verbleibe ihr kein Spielraum.
Nachdem Klage und Berufung erfolglos geblieben waren, hat das Bundesverwaltungsgericht auf die Revision der Klägerin das Urteil des OVG aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das OVG zurückverwiesen.
Zur Begründung der Entscheidung wurde in der Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts ausgeführt: „Zwar enthält das maßgebliche Landesrecht, das die Kreise zur Umlageerhebung ermächtigt, bezüglich der Höhe der Umlage keine ausdrückliche Begrenzung. Diese folgt jedoch aus Art. 28 Abs. 2 GG, der die kommunale Selbstverwaltung institutionell garantiert und den Kommunen im ‚Kern’ eine finanzielle Mindestausstattung sichert, die unantastbar ist. Daneben ist der Landesgesetzgeber an den allgemeinen Gleichheitssatz gebunden, der ihn verpflichtet, Kreise und Gemeinden sowie die Gemeinden untereinander bei seinen Maßnahmen zur kommunalen Finanzausstattung gleich zu behandeln.
Für Differenzierungen bedarf es eines sachlichen Grundes. Da der Landesgesetzgeber die Kreisumlage in ein System aus mehreren Instrumenten des Finanzausgleichs zwischen Gemeinden, Kreisen und Land gestellt hat, ist eine Gesamtbetrachtung sämtlicher Umlageverpflichtungen der Gemeinde geboten. Diese Grundsätze hat auch der Landkreis gegenüber den kreisangehörigen Gemeinden bei der Festsetzung der Kreisumlage zu beachten. Zwar bewirkt ein progressiver Umlagesatz an sich noch nicht eine vollständige Entziehung der vom Grundgesetz den Gemeinden garantierten Steuerhoheit. Das wäre erst der Fall, wenn die Steuerkraftunterschiede zwischen den umlagepflichtigen Gemeinden eingeebnet werden; doch so liegt es hier nicht.
Führt die Kreisumlage aber im Zusammenwirken mit anderen Umlagen dazu, dass einer Gemeinde ihre Finanzkraft praktisch zur Gänze entzogen wird, ist das Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletzt. Allerdings ist die Grenze des verfassungsrechtlich äußerst Hinnehmbaren erst dann überschritten, wenn die gemeindliche Verwaltungsebene nicht nur vorübergehend in einem Haushaltsjahr, sondern strukturell unterfinanziert ist. Ob dies hier der Fall ist, muss das Oberverwaltungsgericht noch prüfen.“
Die Kreisumlageerhebung ist nach gefestigter Rechtsprechung nur in engen Grenzen angreifbar. Das Bundesverwaltungsgericht zieht zwar eine Grenze. Demnach darf die Kreisumlage nicht dazu führen, dass den Gemeinden keine finanzielle Mindestausstattung zur Wahrnehmung ihrer Pflichtaufgaben sowie von freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben mehr bleibt. Das Recht auf kommunale Selbstverwaltung sei aber erst dann verletzt, wenn der Gemeinde durch die kumulierten Umlagezahlungen ihre Finanzkraft praktisch vollständig entzogen wird, also 100 % oder mehr abgeschöpft werden. Zudem sei diese Grenze tatsächlich erst dann erreicht, wenn dadurch eine dauerhafte, d. h. strukturelle Unterfinanzierung eintritt.
Verfassungsmäßigkeit der Vergnügungssteuer
Die Vorlage des Finanzgerichts Hamburg an den Gerichtshof der Europäischen Union vom 21.09.2011 begründet keine ernstlichen Zweifel an der Zulassung kumulativer Erhebung von Mehrwertsteuer und Vergnügungssteuer (nichtamtlicher Leitsatz).
OVG NRW, Beschluss vom 15. Januar 2013
- Az.: 14 A 2219/12 -
Seit dem Vorlagebeschluss des Finanzgerichts Hamburg an den Gerichtshof der Europäischen Union vom 21.09.2011 (Az.: 3 K 104/11), mit dem am Rande auch Zweifel an der Zulässigkeit kumulativer Erhebung von Mehrwertsteuer und Vergnügungssteuer geäußert worden sind, hat es eine Reihe von Anträgen auf vorläufige Steuerfestsetzung bzw. Klagen gegen die Spielapparatesteuer auch in Nordrhein-Westfalen gegeben.
Nachdem bereits in der Vergangenheit mehrere Oberverwaltungsgerichte aus anderen Bundesländern der Auffassung des Finanzgerichts Hamburg ausdrücklich widersprochen hatten, liegt nunmehr auch ein aktueller Beschluss des OVG NRW vor. Der Beschluss weist den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen zurück und führt in der Begründung detailliert auf, warum die Vorlage des Finanzgerichtes Hamburg an den Gerichtshof der Europäischen Union keine ernstlichen Zweifel an der Zulassung kumulativer Erhebung von Mehrwertsteuer und Vergnügungssteuer begründet.
So wird ausgeführt, dass die hier erhobene Spielgerätesteuer weder den Charakter von Umsatzsteuern hat noch eine umsatzbezogene Steuer auf Dienstleistungen ist. Steuergegenstand sei keine Dienstleistung, die der Halter der Spielautomaten gegenüber den Spielern erbringt, sondern der Vergnügungsaufwand des einzelnen Spielers. Da diese Fragen in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bereits geklärt sind oder zweifelsfrei bejaht werden können, bedürfe es einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union nicht.