Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Heft November 2000
Abschleppen eines Fahrzeugs vom Behindertenparkplatz
Ein auf einem Behindertenparkplatz unberechtigt abgestelltes, defektes Fahrzeug darf regelmäßig auch dann abgeschleppt werden, wenn ein Berechtigter nicht konkret am Parken gehindert wird (nichtamtlicher Leitsatz).
OVG NW, Beschluss vom 21. März 2000
– Az.: 5 A 2339/99 –
Auf Behindertenparkplätzen unberechtigt abgestellte Fahrzeuge dürfen nach Auffassung des Gerichts regelmäßig auch dann zwangsweise entfernt werden, wenn ein Berechtigter nicht konkret gehindert werde zu parken. Nur so könne dem mit der Einrichtung von Behindertenparkplätzen verfolgten Anliegen hinreichend effektiv Rechnung getragen werden. Behinderte sollten darauf vertrauen können, dass der gekennzeichnete Parkraum ihnen unbedingt zur Verfügung stehe. Die Abschleppmaßnahme sei auch nicht unverhältnismäßig gewesen. Als die Bedienstete der betroffenen Stadt das Abschleppen veranlasst habe, sei für sie nicht erkennbar gewesen, dass das Fahrzeug in absehbarer Zeit auf Veranlassung des Fahrers entfernt werden würde.
Das Fahrzeug sei zwar als defekt gekennzeichnet gewesen, habe aber keinen Hinweis darauf enthalten, dass es unverzüglich auf Veranlassung des Fahrers abgeschleppt werden würde. Bleibe ein defektes Fahrzeug an einer Stelle liegen oder werde es an eine Stelle verbracht, an der das Parken verboten sei, so treffe den Fahrer die Verpflichtung, das Fahrzeug unverzüglich zu entfernen. Gegebenenfalls müsse er ein Abschleppunternehmen beauftragen.
Mindeststandard für Personal in Kindergärten
Bei großen altersgemischten Gruppen im Sinne von § 1 Nr. 3 Satz 3, § 4 GTK stellt die Betreuung durch zwei Fachkräfte in der Regel den notwendigen personellen Mindeststandard dar, um das Wohl der Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung zu gewährleisten.
- OVG NW, Urteil vom 20. März 2000
– Az.: 16 A 4169/98 –
Die Klägerin betreibt als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe u.a. zwei Tageseinrichtungen für Kinder im Sinne des § 1 GTK, in denen auch sog. "große altersgemischte Gruppen" für Kinder im Alter von 3 bis 14 Jahren eingerichtet sind (§ 1 Nr. 3 Satz 3, § 4 GTK). Der Beklagte fügte den entsprechenden Erlaubnisbescheiden als Nebenbestimmung die Anordnung bei, statt einer Ergänzungskraft eine zweite Fachkraft für diese altersgemischten Gruppen einzusetzen. Die Klage gegen diese Nebenbestimmung hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg.
Es seien solche Nebenbestimmungen zulässig, die die Betreuung der Kinder durch geeignete Kräfte sicherstellen oder in sonstiger Weise das Wohl der Kinder in der Einrichtung gewährleisten sollen. Die Maßstäbe für die Prüfung ergeben sich dabei aus der Funktion des Erlaubnisvorbehalts. Dieser diene der Ausübung des staatlichen Wächteramtes, also der Abwehr von Gefahren für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Aufgabe des Staates sei es deshalb nicht, optimale Bedingungen der Betreuung oder Unterkunftsgewährung zu gewährleisten, sondern sicherzustellen, daß Mindeststandards eingehalten werden.
Welche Anforderungen an die Qualifikationen der in einer Einrichtung tätigen Kräfte zu stellen sind, lasse sich nicht allgemein festlegen; diese Anforderung variierten je nach der Einrichtungsart. "Geeignete" Kräfte bedeute nicht, daß stets Fachkräfte im Sinne von Kräften mit einer besonderen, aufgrund einer Ausbildung erlangten Qualifikation, eingesetzt werden müßten.
Das OVG geht auch ohne gutachterliche Stellungnahme davon aus, daß bei einer Gruppengröße von 20 Personen und der breiten Altersspanne in einer altersgemischten Gruppe zur hinreichenden Betreuung aller Kinder und Jugendlichen eine einzelne pädagogische Fachkraft nicht mehr ausreicht, sondern zwei Fachkräfte erforderlich sind. Bei einer Gruppengröße von 20 Kindern müsse der weitere Mitarbeiter selbst in hohem Maße erzieherische Aufgaben übernehmen. Gegenüber der Gewährleistung des Kindeswohls durch diese personelle Mindestausstattung haben im Rahmen der zu beachtenden Verhältnismäßigkeit der Mittel die finanziellen Belange des Trägers der Einrichtung zurückzustehen.
Aufenthaltsgenehmigung für gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft
Ausländer, die zum Zwecke der Aufnahme einer Ausbildung eingereist sind und über eine Aufenthaltsbewilligung zur Absolvierung einer Berufsausbildung verfügen, haben keinen Anspruch auf Aufenthaltsgenehmigung, um mit dem deutschen Partner eine gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft zu führen.
- Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19. September 2000
– Az.: 1 C 14.00 –
Ein brasilianischer Staatsangehöriger, der zum Zwecke der Teilnahme an einem Deutschkurs eingereist war, sodann eine Aufenthaltsbewilligung zur Absolvierung einer Friseurlehre erhalten hat, erstrebte eine Aufenthaltsgenehmigung, um mit seinem deutschen Partner eine gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft zu führen.
Wie schon im Urteil vom 27. Februar 1996 - BVerwG 1 C 41.93 - verneint das Bundesverwaltungsgericht, dass in solchen Fällen aufgrund einer erweiterten Auslegung der Vorschriften über den Familiennachzug ein Anspruch auf eine Aufenthaltsgenehmigung besteht. Auch aus dem Persönlichkeitsrecht und dem Gleichheitssatz sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention könne ein solcher Anspruch nicht abgeleitet werden.
Einer nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts möglichen Ermessensentscheidung stehe im Falle des Klägers entgegen, dass das Ausländergesetz es grundsätzlich verbietet, einem Ausländer vor Ablauf eines Jahres seit seiner Ausreise eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er zuvor eine Aufenthaltsbewilligung für einen anderen Zweck erhalten hatte. Eine die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis rechtfertigende Ausnahmesituation liege nicht vor, weil es für den Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht unzumutbar sei, eine gewisse Trennungszeit auf sich zu nehmen.
Entsendung eines Mitglieds in den Jugendhilfeausschuss
Da die Besetzung des Jugendhilfeausschusses in Sondervorschriften des Bundes und des Landes geregelt ist, erscheint die Anwendbarkeit der allgemeinen Vorschriften der Gemeindeordnung zur Besetzung von Ratsausschüssen zweifelhaft (nichtamtlicher Leitsatz).
- OVG NW, Beschluss vom 27. Juni 2000
– Az.: 15 B 911/00 -
Das OVG hat mit dieser Begründung den Antrag einer Ratsfraktion abgelehnt, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache ein Fraktionsmitglied in den Jugendhilfeausschuss mit beratender Stimme zu entsenden. Diese Möglichkeit sieht im Allgemeinen die Gemeindeordnung in § 58 Abs. 1 Satz 7 GO für Fraktionen vor, die nicht ohnehin in dem Ratsausschuss vertreten sind. Die Besetzung des Jugendhilfeausschusses ist aber spezialgesetzlich schon durch Bundesrecht, nämlich § 71 KJHG, sowie durch Landesrecht, vgl. §§ 4, 5 des Ausführungsgesetzes zum KJHG NRW, geregelt.
Das OVG NW sieht die parallele Geltung der allgemeinen GO-Regelungen betreffend die Ausschußbesetzung nicht derart eindeutig, als daß im einstweiligen Rechtsschutz das Besetzungsrecht vorübergehend zuerkannt werden müßte. Es sei bei überschlägiger Prüfung nicht auszuschließen, daß die speziellen Besetzungsregeln abschließender Natur seien. Das Hauptsacheverfahren ist bereits beim VG Köln anhängig.
© StGB NRW 2000