Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Heft November 2001
Kontrolle von Verkehrsschildern
Dem hinsichtlich eines Verkehrsschildes Verkehrssicherungspflichtigen obliegt gemäß § 836 Abs. 1 Satz 2 BGB der Nachweis, die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet zu haben. Der Nachweis kann durch eine entsprechende Dokumentation der Kontrollen in einem Kontrollbuch erbracht werden.
Die Sichtkontrolle aus dem fahrenden Dienstwagen reicht nicht aus, wenn der Kontrolleur sich nicht sicher ist, ob das Schild aufgrund seines Erscheinungsbildes in Ordnung ist. Bei dem geringsten Anzeichen für die Gefahr des Umstürzens eines Verkehrszeichens muß das Tragerohr untersucht und ggf. ausgetauscht werden (nichtamtliche Leitsätze).
- LG Hagen, Urteil vom 29.01.2001
- Az.: 4 O 387/00 -
Der Ehemann der Klägerin parkte das der Klägerin gehörende KFZ neben einem 3,50 m langen verzinkten Rohr, an dessen Spitze ein Verkehrszeichen angebracht war. Während des Parkens knickte das Rohr um und fiel auf das Fahrzeug, wodurch insgesamt ein Schaden von ca. 5.500,- DM entstanden war. Die Kommune stellte fest, dass das verzinkte Rohr im Erdboden durchgerostet und abgebrochen war. Die Klägerin behauptet, das Rohr habe bereits seit etwa 3-4 Monaten vor dem Schadensereignis wiederholt schräg gestanden und nur lose im Erdreich gesteckt. Die verkehrssicherungspflichtige Kommune sei ihren regelmäßigen Kontrollpflichtigen nicht nachgekommen.
Die beklagte Kommune behauptete, das Rohr sei ordnungsgemäß in einem Betonfundament befestigt gewesen. Die Durchrostung sei nur möglich gewesen, weil die Verzinkung durch Fremdeinwirkung beschädigt war. Die in der Stadt aufgestellten Verkehrszeichen würden alle 3-4 Wochen kontrolliert. Bei der letzten Kontrolle ca. 1 Woche vor dem Schadenfall sei das Schild aus dem fahrenden Auto besichtigt worden, wobei eine Beschädigung nicht festgestellt worden sei. Eine Rüttelprobe sei bei verzinkten Rohren nicht erforderlich.
Das Gericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die Kommune haftet aus §§ 836, 837 BGB und wegen der Verletzung der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht. Als Straßenbaulastträger sei sie gemäß §§ 9a, 47 StrWG NRW in Verbindung mit § 45 Abs. 5 STVO als auch gemäß §§ 836, 837 BGB für das aufgestellte Verkehrsschild verkehrssicherungspflichtig. Dabei handele es sich um ein mit dem Grundstück verbundenes Werk, da es nach eigenem Vortrag der Beklagten im Erdreich einbetoniert war. Das Verkehrsschild sei nach Auffassung des Gerichtes unstreitig so schadhaft gewesen, dass es am Schadenstag ohne zusätzlichen äußeren Anlaß abbrach. Dies sei Folge der mangelhaften Unterhaltung.
Die Kommune habe den ihr obliegenden Nachweis, die im Verkehr erforderliche Sorgfalt zur Abwendung von Umsturzgefahren beachtet zu haben, nicht erbracht. Das Gericht konnte sich nicht davon überzeugen, dass die Kontrollen mit der notwendigen Sorgfalt ausgeführt wurden. Gerade bei Verkehrsschildern seien höchste Anforderungen an die Befestigung und Überwachung zu stellen. Die Sichtkontrolle aus dem fahrenden Dienstwagen entsprach unter diesen Umständen nicht den Anforderungen an die üblichen Sorgfaltspflichten, gerade weil der Straßenkontrolleur aufgrund seiner Beobachtungen und Dokumentation nicht ausschließen konnte, dass das Verkehrsschild bei dieser Kontrolle bereits schief stand.
Entweder habe der Kontrolleur die Sichtkontrolle nicht sorgfältig durchgeführt oder er habe eine aufgrund der Schiefstellung erforderliche genaue Überprüfung unterlassen. In jedem Falle liege eine fahrlässige Verletzung der Unterhalts- oder Überwachungspflicht vor, die für das Schadenereignis ursächlich gewesen sei. Die Kommune habe bereits bei geringsten Anzeichen für die Gefahr des Umstürzens die Schilderbefestigung zu untersuchen und notfalls auszutauschen.
Ein Mitverschulden des Ehemanns der Klägerin wurde ausgeschlossen, weil diesem unwiederlegt die Schiefstellung des Verkehrszeichens beim Abstellen des Fahrzeuges aufgrund der Dunkelheit nicht bekannt war und er sie auch nicht bemerken mußte.
Zuständigkeit für das Straßenwesen
Die im Zuge des so genannten Zweiten Modernisierungsgesetzes erfolgte Übertragung der Zuständigkeiten für das Straßenwesen von den Landschaftsverbänden auf das Land ist verfassungsgemäß (nichtamtlicher Leitsatz).
- VerfGH NRW, Urteil vom 26. Juni 2001
- Az.: VerfGH 28, 30/00 -
Dies hat der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof (VerfGH NRW) entschieden und damit die Verfassungsbeschwerden der beiden Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe gegen Vorschriften des Zweiten Modernisierungsgesetzes abgewiesen.
Mit ihren Verfassungsbeschwerden hatten sich die Landschaftsverbände gegen die Übertragung der bislang von ihnen wahrgenommenen Aufgaben im Bereich des Straßenwesens (u.a. Bau und Unterhaltung der Landesstraßen) auf das Land gewandt; darin liege ein Eingriff in ihr Selbstverwaltungsrecht. Ferner sei verfassungswidrig, dass das gesamte dem Straßenbau dienende Vermögen von den Landschaftsverbänden kraft Gesetzes auf das Land übergegangen sei, ohne dass eine Entschädigung oder ein Ausgleich für die entstandenen Schulden vorgesehen sei.
Zur Begründung führt der VerfGH NRW aus:
Die Landschaftsverbände seien zwar befugt, Verfassungsbeschwerde zu erheben; denn sie seien "Gemeindeverbände" im Sinne der landesverfassungsrechtlichen Regelung über die kommunale Selbstverwaltung (Art. 78 LV NRW). Die Verfassungsbeschwerden seien jedoch unbegründet. Die Übertragung der Zuständigkeit insbesondere für den Landesstraßenbau von den Landschaftsverbänden auf das Land sei verfassungsgemäß. Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie (Art. 78 LV NRW) könne allenfalls vor dem Entzug kommunaler Angelegenheiten schützen. Bei der Einschätzung, ob eine Aufgabe eine kommunale Angelegenheit sei, komme dem Gesetzgeber ein Spielraum zu. Angesichts der Bedeutung der Landesstraßen sei es vertretbar, dass der Gesetzgeber den Landesstraßenbau nicht als kommunale Angelegenheit, sondern als eine des Landes qualifiziert habe.
Auch der Übergang des der Landesstraßenbauverwaltung dienenden Vermögens von den Landschaftsverbänden auf das Land ohne Gewährung einer Entschädigung oder eines Schuldenausgleichs im Zweiten Modernisierungsgesetz verstoße nicht gegen die Finanz- oder Organisationshoheit der Landschaftsverbände. In Übereinstimmung mit einer langen Rechtstradition sei es sachgerecht, dass mit dem Übergang einer Verwaltungsaufgabe auch das zugehörige Verwaltungsvermögen unentgeltlich übergehe.
Versammlung im Sinne des Grundgesetzes
Ein Stadtlauf von Inline-Skatern ist keine Versammlung im Sinne von Artikel 8 GG (nichtamtlicher Leitsatz).
- Beschluß des OVG NRW vom 26. Juli 2001
- Az.: 5 B 984/01 -
Der für den 26. Juli 2001 in Düsseldorf geplante Stadtlauf von Inline-Skatern ist keine Versammlung im Sinne von Art. 8 GG. Diese bereits vom Verwaltungsgericht Düsseldorf vorgenommene Bewertung hat das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss bestätigt.
Zur Begründung weist das Oberverwaltungsgericht darauf hin, dass die Veranstaltung nach ihrem Gesamtgepräge von der sportlichen Betätigung der Inline-Skater im Rahmen des geplanten Stadtlaufs bestimmt werde und in aller erster Linie auf Spaß und Unterhaltung ausgerichtet sei. Der für eine Versammlung im Sinne des Grundgesetzes maßgebliche Aspekt der Meinungskundgabe trete dabei vollkommen in den Hintergrund.
Kommunale Beschäftigte als Ratsmitglied
Der Leiter eines städtischen Bauhofs mit 30 Mitarbeitern ist nach der Verkehrsanschauung als Angestellter anzusehen und somit gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a GO BaWü (§ 13 Abs. 1 a KWahlG NRW) gehindert, Mitglied des Gemeindesrates zu sein (nichtamtlicher Leitsatz).
- VG Freiburg, Beschluss vom 26. Juni 2001
- Az.: 9 K 875/01 -
Nach Art. 137 des Grundgesetzes könne die Wählbarkeit u.a. von Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes in den Ländern und den Gemeinden gesetzlich beschränkt werden. Dieser Ermächtigung entspreche § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) GO BaWü (bzw. § 13 Abs. 1 a) KWahlG NRW), wonach Beamte und Angestellte der Gemeinde nicht Gemeinderäte sein können.
Der Leiter des städtischen Bauhofs ist im vorliegenden Fall nach Auffassung des Gerichts Angestellter der Stadt und nicht etwa Arbeiter. Ihm sind insgesamt 30 Mitarbeiter untergeordnet. Er koordiniert die Arbeitseinteilung und kontrolliert den Arbeitsablauf. Außerdem ist er für die Auftragsabwicklung incl. der Überwachung von Tätigkeiten von Privatunternehmern zuständig. Anschaffungen für den laufenden Betrieb tätigt er selbständig. Unter diesen Umständen bestehe, so das Gericht, kein Zweifel daran, dass er nach der Verkehrsanschauung als möglicherweise sogar leitender Angestellter anzusehen sei.
© StGB NRW 2001