Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Heft Oktober 2001
Informationsrechte der Ratsmitglieder
Ein Gemeindeorgan darf einzelnen Gemeindevertretern Informationen gegen deren Willen ganz oder zeitweise nicht vorenthalten, die es anderen Stadtverordneten unmittelbar oder mittelbar gibt (nichtamtlicher Leitsatz).
- Hessischer VGH, Beschluss vom 29.03.2000
- Az.: 8 TZ 815/00 -
Der Oberbürgermeister hatte Vertreter aller Fraktionen außer einer zu "interfraktionellen Runden" eingeladen und dort Punkte der nachfolgenden Sitzung der Stadtverordnetenversammlung besprochen. Die ausgeschlossene Fraktion erstritt erfolgreich die Möglichkeit zur Teilnahme an den Sitzungen.
Hinsichtlich der Mitwirkungs- und Informationsrechte sei die Rechtsstellung der Gemeindevertreter mit derjenigen von Bundestagsabgeordneten vergleichbar. Aus der Gemeinwohlbindung (hier: § 35 Hessische Gemeindeordnung) ergebe sich, dass sie wie Parlamentsabgeordnete als Vertreter aller Gemeindeangehörigen zu handeln haben und daher auch alle gleiche Rechte und Pflichten haben. Daher müssten auch die Information und die Beratung der Gemeindeangelegenheiten in den Gremien der Gemeindevertretung stattfinden.
Dem Informationsrecht der Gemeindevertreter diene es, dass sie an sämtlichen Sitzungen der Gemeindevertretungen und aller Ausschüsse mitwirken dürfen. Wenn in einem durch ein Gemeindeorgan eingerichteten Gremium Informations- und Beratungsfunktionen wahrgenommen werden, die grundsätzlich der Gemeindevertretung und ihren Ausschüssen vorbehalten sind, und dabei gezielt eine Fraktion ausgeschlossen wird, so widerspreche dies den Mitwirkungsrechten der Stadtverordneten und den durch Art. 28 GG und der Gemeindeordnung vorgegebenen Verfahrensweise. Davon unberührt sei das Recht der Fraktionen, intern zu beraten, Mitglieder des Gemeindevorstandes hinzuziehen und Kontakte zu anderen Fraktionen zu pflegen. Will der Bürgermeister oder die Vertretung jedoch die Fraktionen informieren, dürften diese Informationen einzelnen Fraktionen nicht vorenthalten werden.
Nutzung einer öffentlichen Straße
Eine Gemeinde kann eine Fläche nicht einerseits als Stadtstraße dem Gemeingebrauch widmen, andererseits als Festplatz nur für bestimmte Veranstaltungen bereitstellen und ansonsten für die Allgemeinheit sperren. Eine solche Widmung ist in sich widersprüchlich und damit rechtswidrig.
- VG Koblenz 6.6.2001
- Az.: 8 L 1262/01.KO -
Eine Stadt hatte eine gemeindeeigene Fläche als Festplatz für den öffentlichen Verkehr gewidmet. Durch die Widmung erhielt der Platz die Eigenschaft einer öffentlichen Straße und wurde dem Gemeingebrauch zur Verfügung gestellt. Ein weiterer Ratsbeschluss stellte klar, dass der Platz nur für die jährliche Kirmes und einzelne weitere Veranstaltungen vorgesehen sei. Die sofortige Vollziehung der Widmung wurde angeordnet. Ein Anlieger des Platzes erhob gegen die Widmung Widerspruch, da er erhebliche Lärmbelästigungen durch die Nutzung des Festplatzes befürchtete. Über den Widerspruch wurde innerhalb eines Jahres nicht entschieden. Da die jährliche Kirmes bevorstand, stellte der Anlieger Antrag auf sofortigen Rechtsschutz vor dem VG und begehrte die Aussetzung der sofortigen Vollziehung der Widmung. Der Antrag hatte Erfolg.
Die Widmung des Platzes als Gemeindestraße sei nach dem Landesstraßengesetz rechtswidrig. Es sei in sich widersprüchlich, wenn die Stadt den Platz zum einen als Stadtstraße für den öffentlichen Verkehr widme und dem Gemeingebrauch zur Verfügung stelle, zum anderen aber als Festplatz nur für bestimmte Veranstaltungen bereitstelle und im übrigen für die Allgemeinheit sperren wolle. Eine Gemeindestraße müsse dem fließenden und ruhenden örtlichen Verkehr dienen, nicht jedoch der Aufstellung von Kirmesbuden. Wenn die Stadt eine solche Beschränkung will, darf sie den Platz nicht als öffentliche Straße ausweisen, sondern als kommunale Einrichtung nach den Vorschriften der Gemeindeordnung. Den Nutzungszweck der kommunalen Einrichtung kann sie jeweils festlegen.
Bestimmtheit eines Bebauungsplanes
Enthält die Planurkunde eines Bebauungsplanes auch die Wiedergabe topografischer und baulicher Gegebenheiten, ist der Plan nicht etwa bereits deshalb unbestimmt, weil sich der Laie zum Verständnis dieser Wiedergaben ggf. fachlicher Beratung zu bedienen hat; entscheidend ist, ob die im Plan getroffenen Festsetzungen hinreichend bestimmt sind.
Hinsichtlich der Entwässerung des Niederschlagswassers kann sich der Plangeber darauf beschränken, in den textlichen Festsetzungen die Anlage "geeigneter technischer Maßnahmen" vorzugeben, deren Details im Baugenehmigungsverfahren festzulegen sind, wenn sich z.B. aus der Begründung oder eingeholten Gutachten ergibt, was für Maßnahmen (hier: Anlage von Versicherungsschächten) gemeint sind.
- OVG NRW, Beschluß vom 16.07.2001
- Az.: 7a D 173/97.NE -
Die Antragsteller wandten sich gegen einen Bebauungsplan der Antragsgegnerin, der einen ihrem Grundstück gegenüberliegenden unbebauten Geländestreifen als allgemeines Wohngebiet auswies. Der Antrag, den Bebauungsplan für nichtig zu erklären, hatte keinen Erfolg.
Der Plan ist nach Auffassung des OVG NRW nicht etwa bereits deshalb - zumindest teilweise - unwirksam, weil seine Festsetzungen nicht hinreichend bestimmt sind.
Die Planurkunde enthalte - wie bei Bebauungsplänen üblich - nicht nur Festsetzungen, sondern gebe auch vorhandene Gegebenheiten topografischer und baulicher Art wieder, wie sie in den zur Grundlage des Plans gemachten Katasterkarten eingetragen sind. Dass diese Wiedergaben in der Legende des Bebauungsplans nicht näher erläutert sind, mag die "Lesbarkeit" der Planzeichnung für den Laien erschweren, so dass er sich zum Verständnis dieser Wiedergaben ggf. fachlicher Beratung zu bedienen hat. Dies berühre jedoch nicht die Wirksamkeit des Plans. Entscheidend hierfür sei, dass die im Plan getroffenen Festsetzungen, die als Ortsrecht das künftige Baugeschehen bestimmen, hinreichend bestimmt seien.
Die strittige Planung wahre auch die Erfordernisse des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 6 BauGB. Die mit der Entwässerung des Plangebiets zusammenhängenden Fragen seien frei von Abwägungsmängeln gelöst worden.
Hinsichtlich des Niederschlagswassers des S. hat sich die Antragsgegnerin zur Festsetzung einer konkreten Lösung- Versicherungsmulde am wesentlichen Plangebietsrand - entschieden, zu der das Staatliche Umweltamt H. die Zustimmung nach § 51a Abs. 3 Satz 4 LWG erteilt hat. Dem liegen gutachterliche Stellungnahmen zu Grunde, die ihrerseits auf konkreten Bodenuntersuchungen beruhen. Angesichts dessen sei der nur pauschale Einwand der Antragsteller, das Gutachten sei nicht nachvollziehbar und wertlos, nicht geeignet, die ordnungsgemäße Aufbereitung des Abwägungsmaterials durch die Antragsgegnerin in Frage zu stellen.
Für die Entwässerung des Niederschlagswassers auf den neuen Baugrundstücken, hat die Antragsgegnerin in den textlichen Festsetzungen Regelungen getroffen. Diese geben vor, dass das auf den südlichen, höher gelegenen Baugrundstücken anfallende Niederschlagswasser auf den jeweiligen Grundstücken zu verbleiben hat. Die hierfür denkbaren "geeigneten technischen Maßnahmen" ergeben sich aus den gutachterlichen Stellungnahmen und sind in ihren Details im jeweiligen Baugenehmigungsverfahren konkret festzulegen. Auch insoweit stellen die Einwände der Antragsteller die fachliche Eignung der in Betracht kommenden Maßnahmen nicht in Frage. Das auf den neuen Baugrundstücken anfallende Niederschlagswasser soll gerade nicht wild abfließen. Es soll vielmehr - wie auf S. 12 der Planbegründung unter Bezugnahme auf die gutachterlichen Stellungnahmen ausgeführt ist - Versickerungsschächten zugeführt werden, die an der nördlichen Grundstücksgrenze am Hangfuß entlang des S.grund anzuordnen sind. Der - von den Antragstellern mit der Bezeichnung des südlich des S.grund gelegenen Geländes als "Feuchtbiotop" umschriebene - Umstand, dass das anfallende Regenwasser nicht in den oberflächennahen Böden versickert werden kann, wurde im Planverfahren gesehen und dahin berücksichtigt, dass die Versickerungsschächte mindestens 1 m in den ausreichend klüftigen Fels einbinden müssen.
© StGB NRW 2001