Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Heft Oktober 2016
Grundsteuererlass - Anforderungen an Vermietungs-Bemühungen
- Es ist im Regelfall erforderlich, dass eine Bewerbung leerstehender Immobilien über das Internet erfolgt, um eine Ertragsminderung im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG nicht vertreten zu müssen.
- Dabei sind hinreichende Vermietungsbemühungen als Voraussetzung für einen Grundsteuererlass regelmäßig nur dann anzunehmen, wenn die Bewerbung leerstehender Immobilien über das Internet in den einschlägigen Suchportalen der Immobilienbranche erfolgt.
- Nicht ausreichend ist hingegen das Anbieten der Immobilien lediglich auf der eigenen Homepage des Grundstückeigentümers oder des von ihm mit der Vermietung beauftragten Maklers.
(Amtliche Leitsätze)
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.05.2016
- Az. 6 A 10971/15 -
Der Kläger, Eigentümer mehrerer gewerblicher Teileinheiten, beanspruchte den Erlass von Grundsteuer (§ 33 GrStG) für mehrere Jahre gegenüber der festsetzenden Kommune mit der Begründung, die Einheiten seien trotz eigener Bemühungen und der Beauftragung verschiedener Makler nicht zu vermieten gewesen. Er habe ein ganzes Maßnahmenbündel an Vermietungsbemühungen ergriffen. Eine Mitarbeiterin habe versucht, Mieter zu akquirieren, und habe eine Reihe von potenziellen Mietinteressenten kontaktiert.
Auch er selbst habe eine Vielzahl von möglichen Interessenten angeschrieben und die zu vermietenden Objekte überdies auf seiner eigenen Homepage im Internet angeboten. In Schaukästen am Objekt seien Aushänge angebracht worden, ebenso in den Schaufenstern der leerstehenden Einheiten sowie im Schaufenster eines Familienbetriebs. Darüber hinaus habe er mehrere Makler beauftragt, die Objekte zu jedem annehmbaren Preis zu vermieten. Die Makler hätten die Objekte auch im Internet angeboten.
Die beklagte Kommune lehnte einen Erlass insbesondere mit Hinweis darauf ab, dass der Eigentümer keine ausreichenden Vermietungsbemühungen unternommen habe. Die Vorinstanz wie auch das OVG waren mit der Beklagten der Ansicht, der Kläger habe die Minderung des Rohertrages zu vertreten. Vor allem habe er Möglichkeiten ungenutzt gelassen, um einen noch größeren Interessentenkreis anzusprechen. Unter Hinweis auf die eingeführte Rechtsprechung des BVerwG stellt das Gericht klar, dass ein Steuerpflichtiger eine Ertragsminderung dann nicht zu vertreten hat, wenn sie auf Umständen beruht, die außerhalb seines Einflussbereichs liegen, das heißt, wenn er die Ertragsminderung weder durch ein ihm zurechenbares Verhalten herbeigeführt hat noch ihren Eintritt durch geeignete und ihm zurechenbare Maßnahmen hat verhindern können.
Ist die Ertragsminderung durch einen Objekt-Leerstand bedingt, habe sie der Steuerpflichtige zwar dann nicht zu vertreten, wenn er sich nachhaltig um eine Vermietung der Räumlichkeiten zu einem marktgerechten Mietzins bemüht habe - was mit Blick auf den Einzelfall zu beurteilen sei. Angesichts der weitreichenden Nutzung des Internets und der offensichtlichen technischen Vorteile einer Bewerbung durch dieses Medium gegenüber den Printmedien sei jedenfalls im Regelfall aber erforderlich, dass eine Bewerbung leerstehender Immobilien über das Internet erfolgt, um eine Ertragsminderung im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG nicht vertreten zu müssen.
Eine Immobilie, die in den einschlägigen Suchportalen der Immobilienbranche - wie etwa die Internetportale immobilienscout24.de und immowelt.de - eingestellt ist, erreiche einen Großteil des Kreises der potenziellen Mietinteressenten. Daher seien hinreichende Vermietungsbemühungen als Voraussetzung für einen Grundsteuererlass regelmäßig nur dann anzunehmen, wenn die Bewerbung leerstehender Immobilien über das Internet in den einschlägigen Suchportalen der Immobilienbranche erfolgt.
Nicht ausreichend sei demgegenüber das Anbieten der Immobilien lediglich auf der eigenen Homepage des Grundstückseigentümers oder des von ihm mit der Vermietung beauftragten Maklers, weil dadurch nur ein im Vergleich zu den Suchportalen kleiner Kreis von potenziellen Mietinteressenten erreicht werden kann. Ein potenzieller Interessent könne von diesem Angebot nämlich nur dann Kenntnis erlangen, wenn ihm auch die Homepage des jeweiligen Maklers oder des Grundstückseigentümers bekannt ist oder er auf diese geleitet wird.
Steuerfreiheit für „Land-Jäger“
Das Land Hessen kann als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht zu einer Aufwandsteuer - hier Jagdsteuer - herangezogen werden. (Amtlicher Leitsatz)
Hess. VGH, Urteil vom 03.03.2016
- Az. 5 A 1345/15 -
Das Land Hessen verfolgte mit der Berufung zum VGH eine in erster Instanz erfolglose Klage gegen seine Heranziehung zur Jagdsteuer durch den beklagten Kreis weiter. Per Bescheid setzte der Beklagte die Jagdsteuer gegenüber mehreren Hessischen Forstämtern fest. Die Forstämter wendeten sich gegen die Steuerbescheide im Wesentlichen mit der Begründung, Körperschaften des öffentlichen Rechts könnten nicht zur Jagdsteuer als örtlicher Aufwandsteuer herangezogen werden, da diese grundsätzlich nur gegenüber natürlichen Personen erhoben werden könne.
Der Hessische VGH stimmte dem zu. Bei der Jagdsteuer handele es sich nach ständiger Rechtsprechung um eine (bundesrechtlichen Steuern nicht gleichartige) Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG. Als örtliche Aufwandssteuer besteuere sie eine in der Vermögens- oder Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende besondere Konsumfähigkeit des Steuerschuldners, d. h. einen besonderen Aufwand, der über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht.
Die Jagdsteuer knüpfe konkret an die Ausübung des Jagdrechts an, die die Aufbringung erheblicher finanzieller Mittel erfordert, unabhängig davon, ob der Ausübende eine Eigenjagd erworben oder einen Jagdbezirk gepachtet hat. Dieser Aufwand sei typischerweise Ausdruck der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ohne dass es darauf ankomme, wer mit welchen Mitteln diesen finanziert und welchen Zwecken er im Einzelnen dient. Daher sei es gerechtfertigt, diesen Personenkreis steuerlich zu belasten.
Auf der Grundlage des Hessischen KAG ist nach der Satzung des beklagten Kreises die Ausübung des Jagdrechts Gegenstand der Steuer und jagdsteuerpflichtig jeder, der auf Grundstücken, die im Landkreis gelegen sind, das Jagdrecht ausübt oder die Jagd durch Dritte ausüben lässt - etwa im Wege der Pacht.
Unter diese Regelungen falle jedoch das klagende Land Hessen bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht, so der VGH. Bundesländer selbst könnten keinen nach Art. 105 Abs. 2a GG steuerbaren Aufwand betreiben. Dies sei nicht anders als bei jagdausübungsberechtigten Gemeinden (vgl. zu diesen: BVerwG, Urteil vom 27.06.2012, Az. 9 C 2.12). Auch sie seien öffentlich-rechtliche Körperschaften. Auch sie verwendeten Einnahmen und Vermögen nicht für einen „persönlichen Lebensbedarf“, sondern zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Verwaltung und Gesetzgebung. Sie erbrächten keinen Aufwand für Konsum, an dem die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gemessen werden könnte.
Gleichbehandlung der Teilnehmenden von Wochenmärkten
- Werden Ausschreibungsbedingungen für die beabsichtigte Festsetzung eines Wochenmarkts öffentlich bekannt gemacht, führt dies über Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG zu einer Selbstbindung der Verwaltung und vermittelt den einzelnen Bewerbern einen Anspruch auf Gleichbehandlung und Einhaltung der verlautbarten Bedingungen.
- Das Gleichbehandlungsgebot gebietet bei öffentlichen Ausschreibungen für gewerberechtliche Marktfestsetzungen, nur diejenigen Angebote zu werten, die die zwingend geforderten Erklärungen enthalten und insoweit miteinander vergleichbar sind, sowie Angebote nur so zu werten, wie sie eingereicht wurden, und keinesfalls einem einzelnen Bieter die Möglichkeit zu geben, sein Angebot zu überarbeiten.
- Eine Bewerbung, die nicht den im Ausschreibungstext genannten zwingenden Mindestanforderungen entspricht, darf bei der Auswahl unter mehreren Bewerbern nicht berücksichtigt werden.
- Sofern eine öffentliche Ausschreibung bedingte Bewerbungen bzw. Kopplungsangebote nicht ausschließt, ist die Auswahl eines Bewerbers nicht gleichheitswidrig, der seinen - den Mindestanforderungen der Ausschreibung entsprechenden - Antrag auf Marktfestsetzung zunächst unter der Bedingung gestellt hatte, er werde auch den Zuschlag für andere gleichzeitig zu vergebende Märkte erhalten, von dieser Bedingung aber vor einer endgültigen Entscheidung der Behörde wieder abrückt.
(Amtliche Leitsätze)
OVG NRW, Beschluss vom 20.07.2016
- Az. 4 B 691/16 -
Eine Stadt hatte im Interesse einer möglichst attraktiven Durchführung von Wochenmärkten ein vom Rat beschlossenes vergaberechtsähnliches Interessenbekundungsverfahren durchgeführt und um Vorlage von Marktfestsetzungsanträgen innerhalb einer Ausschlussfrist gebeten. Nach Auswertung der Bewerbungen teilte die Verwaltung einem Bewerber mit, dass die Wochenmärkte zugunsten anderer Bewerber festgesetzt werden sollten, weil eine Bedingung, unter der der abgelehnte Bewerber seine Anträge gestellt habe, nämlich, dass er auch für einen anderen Markt den Zuschlag erhalte, nicht eingetreten sei. Daraufhin rückte der Bewerber von der Bedingung ab. Sodann setzte die Stadt die fraglichen Wochenmärkte zugunsten des Bewerbers fest. Dagegen ging der Antragsteller - ein anderer Bewerber - im Wege vorläufigen Rechtsschutzes vor.
Das OVG hat die Auswahlentscheidung der Stadt bestätigt. Der Auswahl des begünstigten Bewerbers für die fraglichen Wochenmärkte habe nicht entgegengestanden, dass dieser seine Festsetzungsanträge aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen ursprünglich unter die Bedingung gestellt hatte, er werde auch den Zuschlag für einen anderen Wochenmarkt erhalten. Die Stadt habe die Anträge berücksichtigen dürfen, weil der Bewerber vor einer endgültigen Entscheidung über die Marktfestsetzung zulässigerweise von seiner ursprünglich formulierten Bedingung wieder abgerückt war. Denn der Ausschreibung habe sich nicht entnehmen lassen, dass Bewerbungen im Interessenbekundungsverfahren ohne Bedingung hätten gestellt werden müssen. Die hier in Frage stehende Bedingung habe lediglich das eigene Risiko des Bewerbers erhöht, auch für andere Märkte letztlich nicht berücksichtigt zu werden.
Auch dass der Bewerber seine Bedingung erst nach Ablauf der Bewerbungsfrist zurückgenommen hatte, habe - so das Gericht - nicht geschadet. Insbesondere habe die Stadt das Auswahlverfahren nicht wieder eröffnen und von anderen Bewerbern geänderte Bewerbungen zulassen müssen. Die Durchführung eines fairen Auswahlverfahrens im Einklang mit Art. 3 GG habe dies nicht tangiert. Insbesondere habe die Antragsgegnerin nicht entgegen ihrer Selbstbindung Anforderungen aus dem Ausschreibungstext nachträglich fallen gelassen und damit Bieter, die sich an die Vorgaben gehalten haben, benachteiligt.