Heft Oktober 2022

Unwirksamkeit eines Bebauungsplans für Outlet Center

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat die Unwirksamkeit des Bebauungsplans für ein Designer Outlet Center im Remscheider Stadtteil Lennep bestätigt.

BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2022
- Az.: BVerwG 4 CN 5.20 -

Der angegriffene Bebauungsplan Nr. 657 (Gebiet: Röntgen-Stadion, Jahnplatz und Kirmesplatz in Remscheid-Lennep) überplant ein 11,5 ha großes Gebiet und sollte die Voraussetzungen für ein Einkaufszentrum im sog. Village-Stil schaffen. Auf einer etwa 5 ha großen Teilfläche (SO1) sollten auf mindestens 12.000 qm und maximal 20.000 qm Verkaufsfläche heruntergesetzte Markenartikel - also etwa Produkte 2. Wahl, Auslaufmodelle, Restposten, Überproduktion - verkauft werden. Auf einer zweiten Teilfläche (SO2) war ein Parkhaus vorgesehen.

Auf den Antrag eines Plannachbars hat das Oberverwaltungsgericht Münster den Bebauungsplan für unwirksam erklärt (OVG Münster, Urteil vom 28. Oktober 2020 - 10 D 43/17.NE). Die dagegen gerichteten Revisionen der Gemeinde und der Vorhabenträgerin hat das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen. Die Bestimmungen des Plans zur Verkaufsfläche seien rechtsfehlerhaft gewesen. Solche Festsetzungen lasse die Baunutzungsverordnung (BauNVO) nur als Bestimmungen zur Art der baulichen Nutzung zu. Die Gemeinde sei befugt, die Verkaufsfläche für einzelne Vorhaben festzusetzen. Einen solchen Vorhabenbezug hätte der Plan aber nicht wirksam hergestellt. Aus Umständen außerhalb des Plans, etwa städtebaulichen Verträgen oder den Eigentumsverhältnissen, könne sich der Vorhabenbezug nicht ergeben. Die Gemeinde hätte die Verkaufsfläche auch nicht für ein einziges Buchgrundstück bestimmt, sondern nur für das im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses aus mehreren Grundstücken bestehende Sondergebiet SO1. Dieser Fehler führe zur Gesamtunwirksamkeit des Plans, weil es ein zentrales Anliegen der Antragsgegnerin war, die Verkaufsfläche zu begrenzen.

 

Kosten für Durchführung des Prostituiertenschutzgesetzes

Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen (VerfGH NRW) in Münster hat die Kommunalverfassungsbeschwerde der Städte Bielefeld, Dortmund, Düsseldorf, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen und Köln gegen die nordrhein-westfälische Durchführungsverordnung zum Prostituiertenschutzgesetz (DVO ProstSchG NRW) zurückgewiesen.

VerfGH NRW, Urteil vom 4. April 2022
- Az.:
1/18 -

Mit dem am 1. Juli 2017 in Kraft getretenen Prostituiertenschutzgesetz hat der Bundesgesetzgeber erstmals umfassende Regelungen zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen geschaffen. Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat die aus diesem Gesetz folgenden behördlichen Aufgaben mit der beanstandeten Durchführungsverordnung den Kreisen und kreisfreien Städten übertragen.

Die Beschwerdeführerinnen hatten mit ihrer Kommunalverfassungsbeschwerde geltend gemacht, sie seien wegen der damit verbundenen Aufgabenveränderungen in ihrem durch die Landesverfassung gewährleisteten Recht der gemeindlichen Selbstverwaltung, insbesondere in seiner Ausprägung durch die Konnexitätsbestimmung in Art. 78 Abs. 3 der Landesverfassung (LV), verletzt. Denn der Verordnungsgeber habe keinen verfassungsgemäßen Ausgleich für die dadurch entstehenden finanziellen Belastungen geschaffen.

Zur Begründung hatten sie im Wesentlichen vorgebracht, der Verordnungsgeber habe den Begriff der „wesentlichen Belastung“, die die Landesverfassung für einen Belastungsausgleich voraussetze, fehlerhaft bestimmt. Auch habe er die Kosten eines weiteren Gesetzes, das in die Kostenfolgeabschätzung einzubeziehen gewesen sei, nicht zutreffend berücksichtigt. Schließlich sei die Auffassung des Verordnungsgebers verfassungswidrig, dass ein Belastungsausgleich jeweils nur für das Jahr zu leisten sei, in dem eine wesentliche Belastung vorliege. Sei die Schwelle der „Wesentlichkeit“ - wie hier für das Jahr 2017 - einmal überschritten, müsse ein Belastungsausgleich auch für die Folgejahre geschaffen werden, selbst wenn in diesen jeweils keine wesentliche Belastung gegeben sei.

Dem ist der Verfassungsgerichtshof nicht gefolgt. Die Annahme des Verordnungsgebers, eine wesentliche Belastung, die nach Art. 78 Abs. 3 Satz 2 LV Voraussetzung für einen Belastungsausgleich ist, liege im Regelfall und so auch hier erst dann vor, wenn eine Schwelle von 0,25 Euro pro Einwohner im (Haushalts-)Jahr überschritten sei, sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie entspreche dem Willen des (verfassungsändernden) Gesetzgebers, der aus den Materialien zur Einführung des sogenannten strikten Konnexitätsprinzips in die Landesverfassung im Jahr 2004 erkennbar sei. Seither hätten sich die tatsächlichen Umstände nicht derart zu Lasten der Kommunen verändert, dass dieser Betrag inzwischen seine sachliche Rechtfertigung verloren haben könnte.

Auch ungleiche Belastungen der von der Aufgabenübertragung betroffenen Kommunen geböten es nicht, einen anderen Maßstab für die Bestimmung der „Wesentlichkeit“ der Belastung anzulegen. Dasselbe gelte für Unsicherheiten bei der Abschätzung der Kostenfolgen, die darauf zurückzuführen sind, dass sich das Prostitutionsgewerbe im Zeitpunkt der Aufgabenübertragung in einem juristischen Graubereich und Milieu gesellschaftlicher Stigmatisierung befand und deshalb die Datenlage sehr eingeschränkt war.

Es führe nicht zur Verfassungswidrigkeit der beanstandeten Belastungsausgleichsregelung, dass der Verordnungsgeber bei seiner Kostenfolgeabschätzung die Kosten eines weiteren zu berücksichtigenden Gesetzes nicht ordnungsgemäß eingestellt hat. Die Kosten des betroffenen Gesetzes zur Entwicklung und Stärkung einer demografiefesten, teilhabeorientierten Infrastruktur und zur Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität von Wohn- und Betreuungsangeboten für ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen (GEPA NRW) hätten nicht in einem formalisierten Kostenfolgeabschätzungsverfahren prognostiziert werden können. Das habe nicht zur Folge, dass dem Verordnungsgeber die Übertragung von Aufgaben nach dem Prostituiertenschutzgesetz verwehrt war. Er müsse dann aber rückwirkend die vom GEPA NRW verursachte Kostenbelastung ermitteln und gegebenenfalls rückwirkend einen (daran angepassten) Belastungsausgleich schaffen.

Schließlich verlange das strikte Konnexitätsprinzip der Landesverfassung einen Belastungsausgleich nur für das Jahr, in dem die Belastung der Kommunen „wesentlich“ ist. Für die Jahre, in denen diese Bagatellgrenze unterschritten ist, müsse der aufgabenübertragende Gesetz- oder Verordnungsgeber keinen Belastungsausgleich schaffen. Da der Verordnungsgeber in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise eine wesentliche Belastung nur für das Jahr 2017 prognostiziert habe, stehe es mit der Verfassung in Einklang, dass er auch nur für dieses Jahr einen Belastungsausgleich geschaffen hat.

 

Erstattungsfähigkeit von Feuerwehrkosten

Das Verwaltungsgericht (VG) Minden hat entschieden, dass die Stadt Paderborn die durch einen Brand in einem Paderborner Schlachthof entstandenen Kosten eines Feuerwehreinsatzes selbst tragen muss.

VG Minden, Urteil vom 22. November 2021
- Az.:
3 K 2474/19 –

Der Schlachthof war am 8. Februar 2016 durch einen Großbrand zerstört worden. Zur Brandbekämpfung führte die Feuerwehr der Stadt Paderborn einen umfangreichen Einsatz durch. Hierfür zog sie unter anderem Unterstützung weiterer Feuerwehren und des Technischen Hilfswerks heran, über 300 Einsatzkräfte waren vor Ort. Drei Jahre nach dem Brand, im Juli 2019, machte die Stadt Paderborn dann Kosten in Höhe von 53.867,42 Euro gegenüber der Klägerin als Betreiberin des Schlachthofs geltend. Dagegen hat sich das Unternehmen erfolgreich mit seiner Klage gewandt.

Das Verwaltungsgericht Minden hat den Kostenbescheid aufgehoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass Feuerwehreinsätze grundsätzlich unentgeltlich seien. Dies habe u.a. den Hintergrund, dass im Fall von Unglücksfällen wie insbesondere Brandereignissen niemand von einer Alarmierung der Feuerwehr abgeschreckt werden solle, weil er eine Kostenbelastung fürchte. Nur unter bestimmten Voraussetzungen könne die Stadt daher die Kosten von Feuerwehreinsätzen verlangen. Ein Anspruch auf Kostenerstattung könne beispielsweise bei Anlagen bestehen, von den besondere Gefahren ausgingen. Auch die Eigentümer von Industrie- und Gewerbebetrieben könnten - jedenfalls für Kosten von Sonderlöschmitteln - haften. Diese Voraussetzungen lägen jedoch nicht vor.

Ein Anspruch der Stadt gegen die Klägerin als Eigentümerin eines Gewerbebetriebes scheide vorliegend schon deshalb aus, weil die Stadt Paderborn nur eine der Gesellschaften der Unternehmensgruppe in Anspruch genommen habe, die zwar Betreiberin, aber eben nicht Eigentümerin des Schlachthofs gewesen sei. Das Eigentum habe bei einer anderen Gesellschaft gelegen.

Auch ein Anspruch auf Kostenerstattung wegen besonderer Gefahren der Anlage bestehe gegen die Klägerin nicht. Dieser Anspruch setze voraus, dass auch eine Haftung nach anderen Vorschriften bestehe. Daran fehle es vorliegend. Insbesondere bestehe entgegen der Ansicht der beklagten Stadt kein Anspruch aus dem Umwelthaftungsgesetz, da sich auf dem Betriebsgelände kein Ammoniak Tank - der eine Haftung grundsätzlich hätte begründen können - befunden habe. Die am Standort betriebene Ammoniakkälteanlage begründe dagegen keine Haftung der Klägerin.

ICON/icon_verband ICON/icon_staedtebau ICON/icon_recht ICON/icon_finanzen ICON/icon_kultur ICON/icon_datenverarbeitung ICON/icon_gesundheit ICON/icon_verkehr ICON/icon_bau ICON/icon_umwelt icon-gemeindeverzeichnis icon-languarge icon-link-arrow icon-login icon-mail icon-plus icon-search